Erst vor Kurzem habe ich hier den Affiliate Jahresrückblick 2010 geschrieben, nun gibt es die Affiliate Marketing Trends 2011.
In der aktuellen Ausgabe 25/2010 der Internet World Business findet Ihr einen 2-seitigen Beitrag von mir zu den zukünftigen Trends im Affiliate Marketing.
Vorab erhaltet Ihr hier schon einmal eine kleine Zusammenfassung. Zudem wird es sich beim Hauptthema der 7. Ausgabe von Affiliate MusixX im Januar 2011 auch um die Trends handeln.
Weitere Trend-Aussichten findet Ihr auch bei iBusiness und bei seokratie.de.
Das Affiliate Marketing im Jahr 2011 wird geprägt sein durch eine Welle im Social Media und vielen neuen Publisher-Modellen rund um Facebook & Co. Auch Re-Targeting und Qualitätsstandards werden den Markt mit bestimmen.
Die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre spielt im Affiliate Marketing keine Rolle mehr. Nicht nur, dass nach der Veröffentlichung der OVK-Prognosen für den Online-Werbemarkt in Deutschland mit einem deutlichen Wachstum gerechnet wird, auch die Affiliate-Netzwerke kommunizierten kräftige Umsatzzuwächse.
So konnte der Axel Springer Verlag seine Gesamterlöse in den ersten neun Monaten des Jahres 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 62,2 Prozent steigern. Zanox, sowie die neu hinzugekauften Netzwerke Digital Window und buy.at haben dabei einen wesentlichen Anteil. Auch die YOC-Gruppe legte zusammen mit belboon im ersten Quartal 2010 den höchsten Quartalsumsatz, sowie das höchste operative Ergebnis ihrer Firmengeschichte vor, mit einer Steigerung von 16 Prozent im Bereich Affiliate Marketing gegenüber dem Vorjahresquartal. Und auch affilinet,TradeDoublerund andere Netzwerke forcieren mit zahlreichen personellen Neueinstellungen ihre Wachstumsansprüche für die nächsten Jahre.
Zwar lassen die Wachstumsraten im Affiliate Marketing laut der letzten OVK-Werbestatistik im Vergleich zu Display-Advertising und SEA deutlich nach und belaufen sich nur noch auf 10 Prozent, allerdings sind diese Prognosen mehr als fragwürdig, denn Anzeichen für eine Branchenflaute sind kaum zu erkennen. Die Problematik dabei ist, dass in der OVK-Prognose die Bruttoumsätze aus dem Display- und Search-Bereich mit den Netto-Umsätzen der Affiliate-Netzwerke verglichen werden. Allerdings fehlen dabei große Affiliate-Anbieter wie Amazon, eBay Network, HRS-Hotels und viele weitere. Im BVDW gibt es allerdings bereits erste Bestrebungen, die Erhebungsmethoden zu ändern und realistische Zahlen wiederzugeben.
Auch das Investitionsklima für 2011 verbessert sich weiter, was kürzlich in der Geschäftsklima-Studie E-Commerce 2010/2011 durch den ECC Handel veröffentlich wurde. Demnach wollen im kommenden Jahr 27,6 Prozent der Händler mehr Geld für das Affiliate Marketing investieren.
Social Media im Affiliate Marketing
Die Verlagerung der Internetnutzung in soziale Netzwerke stellt auch die Affiliate-Branche vor neue Herausforderungen. Social Media verändert grundlegend die Art und Weise, wie Unternehmen zukünftig mit Verbrauchern kommunizieren werden. Nämlich stets im Bestreben, Markenbekanntheit und -treue auf- und auszubauen.
Soziale Netzwerke entwickeln sich somit immer stärker zu unentbehrlichen Business Tools. Eine aktuelle Studie von Forrester Research unterstreicht diesen Trend: Von 1.217 befragten Entscheidern in Unternehmen weltweit nutzen 95 Prozent soziale Netzwerke im bestimmten Umfang im Tagesgeschäft. Oftmals sind die besten Fürsprecher eines Unternehmens oder einer Marke deren Kunden selbst. 9 von 10 befragten Kunden geben an, dass Sie Empfehlungen von Freunden, Kollegen und Partnern mehr als Produktwerbung vertrauen.
In den USA gibt es bereits den Trend der Micro-Affiliates. Das bedeutet, dass jeder Facebook-User über das klassische Empfehlungsmarketing auch bestimmte Produkte oder Dienstleistungen an Freunde weiterempfehlen kann und bei einem Kaufabschluss eine Provision verdient. Damit lässt sich ein komplett neues Affiliate-Klientel aufbauen.
Weltweit gibt es etwa 500 Millionen aktive Facebook-User. Präzise Angaben über Eigenschaften und spezifische Interessen ermöglichen eine sehr genaue Zielgruppenansprache innerhalb des Netzwerks. Damit bietet Facebook
Advertisern einen spannenden zusätzlichen Kanal für den Abverkauf ihrer Produkte.
Die Affiliate-Netzwerke haben den Trend bereits erkannt und bieten in ihren App-Stores bereits entsprechende Facebook-Apps für die Publisher an. Besonders für Advertiser mit starken Marken aus den Bereichen Telekommunikation, Mobile, Gaming, Gesundheit oder Dating, aber auch für Finanzprodukte, empfehlen sich gezielte Werbekampagnen auf Facebook. Sonderangebote und Testversionen, Limited Edition-Angebote oder kurzfristige Verkaufsaktionen sind besonders geeignet, bei Facebook-Nutzern Aufmerksamkeit zu erzeugen und Leads und Sales kräftig anzukurbeln.
Mobile Affiliate Marketing
Über Mobile Affiliate Marketing wird schon seit Jahren diskutiert. Doch mit der rasanten Verbreitung von Smartphones, steigt auch das Potential an Werbung über mobile Endgeräte. 11 Prozent der Deutschen besitzen bereits ein Smartphone. Bis 2012 sollen es sogar bis zu 22 Prozent sein. 2 Mio. Deutsche surfen aktuell täglich mit dem Smartphone im mobilen Internet und 56 Prozent der User kaufen sogar mindestens einmal pro Woche über das mobile Internet ein. Der Trend zum Mobile Affiliate Marketing wächst also schon alleine durch die stetige Verbreitung von Smartphones und günstigen Tarifen zur Nutzung des mobilen Internets.
Kostenlose Apps sind natürlich prädestiniert, um darüber Banner zu bewerben und Reichweite zu generieren. Es wird damit gerechnet, dass bis Mitte 2011 die ersten relevanten Umsätze über Mobile Affiliate Marketing generiert werden. V.a. klassische eCommerce Produkte wie Bücher, Musik und DVDs/CDs, aber auch Ticketing-Modelle wie Fahrkarten, Veranstaltungskarten oder Flüge lassen sich über Mobile-Apps sehr gut verkaufen. Aber auch klassische Laden- und Offline-Produkte wie Kleidung, Blumen und Nahrungsmittel sind besonders für die Heavy User interessant.
Re-Targeting zur Reduzierung von Streuverlusten
Um Streuverluste zu minimieren, werden auch im Affiliate Marketing immer öfter Re-Targeting Technologien verwendet. Damit werden nachweislich interessierte Nutzer gezielt angesprochen. Potenzielle Kunden, die über einen Publisher generiert wurden und die bereits den Onlineshop des Advertisers besucht, dort jedoch nicht eingekauft haben, können über personalisierte Werbemittel wieder an den Shop-Besuch erinnert und reaktiviert werden.
Durch eine höhere Reichweite wird im Affiliate Marketing ein neuer Traffickanal erschlossen. Neben Salessteigerungen, lassen sich somit auch ein starker Brandingeffekt durch aufmerksamkeitsstarke Werbemittel erzielen. Zudem bietet es gute Möglichkeiten, Display-Werbeflächen zu Affiliate-Konditionen einzukaufen und das bei rein performancebasierter Abrechnung. Mit individuellen Business-Rules können dabei sogar Richtlinien für das Re-Targeting festgelegt werden.
Quo Vadis Gutscheine?
Viele Advertiser haben im vergangenen Jahr Gutscheine komplett eingestellt oder nur noch exklusive Coupons für einzelne Partner herausgegeben. Gutscheine werden zukünftig noch strenger reglementiert werden. Professionelle Affiliate-Agenturen wie explido WebMarketing haben hier bereits reagiert und technische Schnittstellen entwickelt, mit denen im Kaufprozess nur Gutschein-Affiliates vergütet werden können, die ausschlaggebend für die Neukundenakquise waren. Für Kunden, die erst im Warenkorb einen Gutscheincode abgreifen und somit die Margen reduzieren, erhalten keine Provision. Lösungen wie diese werden auch zukünftig eine optimale Strategie bieten, auch weiterhin mit Gutschein-Affiliates zusammenzuarbeiten und mit seriösen Partnern neue Kunden und weitere Reichweite zu gewinnen.
Rechtlich Baustelle bei der Haftungsfrage
Im Januar 2009 hat der BGH dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob durch die Verwendung einer Marke im Rahmen einer AdWords Kampagne eine Markenverletzung begangen wird. Diese Frage wurde vorab von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beantwortet und auf eine klärende Antwort des EugH musste lange gewartet werden. Diese Hoffnung erfüllte sich leider nur teilweise. Wie schon in den Vorabentscheidungsverfahren anderer Länder wie Österreich oder Frankreich entschied der EugH, dass eine Markenverletzung durch ein Keyword durchaus möglich ist. Die Entscheidung, ob dies wirklich der Fall ist, hängt jedoch vom Einzelfall ab, so der EugH. „Dies ist nicht wirklich eine Hilfe bei der Beratung von Adword-Nutzern“ so Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Christian Röhl von der Kanzlei Röhl, Dehm & Partner. „Wir warten nun wieder auf die Entscheidung des BGH, der hoffentlich klarstellt, wann eine Markenrechtsverletzung vorliegt und wann nicht“ so Rechtsanwalt Röhl.
Beschwichtigend führt Rechtsanwalt Röhl jedoch aus, dass aus den Urteilen des EugH zumindest Ansätze entnommen werden können, die bei der Beratung der Mandanten eine gewisse Sicherheit garantieren können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Ansicht des EugH, dass eine Markenverletzung auf jeden Fall vorliegt, wenn die Werbung fälschlich eine wirtschaftliche Beziehung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber suggeriert oder wenn sie so vage gehalten ist, dass durchschnittlich aufmerksame Nutzer nur schwer erkennen können, ob ein solcher Zusammenhang besteht. Nach Ansicht von Rechtsanwalt Röhl reicht es dafür jedoch nicht aus, dass die Marke selbst in der Anzeige nicht enthalten ist, so wie es oftmals in Internet Foren weitergegeben wird. Eine Markenverletzung scheidet aber laut Rechtsanwalt Röhl wohl dann aus, wenn eine klare Kennzeichnung die Anzeige als bezahlte Anzeige ausweist.
Eine weitere offene Baustelle in Bezug auf das Affiliate-Recht ist die Haftung des Merchants für seine Affilitates. Das OLG Köln (Az. 6 U 169/09 vom 08.10.2010) hat in einer sehr neuen und aktuellen Entscheidung nun die Haftung eines Merchants nach Abgabe einer Unterlassungserklärung für die Verletzung durch einen Affiliate verneint. Begründet wurde dies damit, dass Affiliates zwar gem. § 14 Abs. 7 MarkenG bzw. § 8 Abs. 2 UWG Beauftragte des Merchant sind, aber in Bezug auf vom Merchant übernommene Unterlassungsverpflichtungen gerade keine Erfüllungsgehilfen darstellen, da es sich um eine vertraglich übernommene Haftung und keine gesetzliche Haftung handelt.
Allerdings gilt dies nur für Fälle, in denen es um die Beibehaltung der zu unterlassenden Werbung geht, d.h. die Werbung muss bereits vor der Unterzeichnung der Unterlassungserklärung auf der Seite des Affiliates geschaltet worden sein. „Für den Merchant ist es daher enorm wichtig dafür zu sorgen, dass nach Abgabe einer Unterlassungserklärung keine Werbemittel mehr herausgegeben werden und somit eine neue Schaltung der Werbung nicht durchgeführt werden kann“ so Rechtsanwalt Röhl.
Ausbau der Transparenz
Auf Affiliate-Seite deckt der BVDW Code-of-Conduct bereits die Themen Werbemethoden, Cookies, Adware, Trafficbroker und Postview ab, um damit die Qualität im Affiliate Marketing sicherzustellen. Um allerdings den Kanal Affiliate Marketing als nachhaltigen Marketing- und Vertriebskanal zu positionieren und entsprechende Umsätze zu generieren ist es auch auf Advertiser-Seite wichtig, standardisierte und nachvollziehbare Prozesse zu positionieren. Deswegen ist es wichtig, dass die Branche neue Prozesse etabliert, die auch den Affiliates Transparenz bietet. Gerade bei Provisionsstornierungen für Retouren und Forderungsausfällen ist es wichtig, dass die Affiliates über die genauen Gründe informiert werden.
Auch ein funktionierendes Sales-Tracking, sowie Cookie-Weichen mit Kanal-Priorisierungen sind wichtig um Trackingfehler zu vermeiden und Umsätze für Affiliates sicherzustellen.
Die Etablierung einer unabhängigen Prüfinstanz wie z.B. das Fraunhofer Institut oder der TüV könnten helfen, die Interessen der Branchenvertreter weiter zu steigern und mehr Sicherheit zu gewährleisten.
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