Immer mal wieder gab es in den letzten Monaten Diskussionen über ausgebliebene Provisionszahlungen, Sales-Differenzen durch Einstellungen der Cookieweiche oder auch auffallend hohe Stornoquoten bei bestimmten Partnerprogrammen.
Viele Affiliates fühlen sich dann oftmals alleine gelassen und hilflos, wenn ihnen rechtmäßige Werbeprovisionen nicht bezahlt werden. So schreibt beispielsweise der Affiliate „CK2004“ in einem Affiliate-Forum: „Ich habe seinerzeit sowohl bei Zanox, Affilinet und auch bei Tradedoubler nachgefragt, ob das Netzwerk die Möglichkeit einer Kontrollmöglichkeit bei den Merchants hat. Ergebnis war, dass Zanox es zum Betriebsgeheimnis erklärt hat. Affilinet hat geantwortet, dass in den Verträgen, die Affilinet mit Merchants schließt ein entsprechendes Kontrollrecht enthalten ist – und Tradedoubler hat gar nicht geantwortet. Interessanterweise haben weder Zanox noch Affilinet jemals eine Prüfung bei einem Merchant durchgeführt!“
Auch der Affiliate Thomas Schulze ist der Meinung: „Leider ist es wirklich so, dass wir als Publisher (fast) keine Lobby haben, denn es ist ja desöfteren so, dass die Publisher für einzelne Programm wechseln je nach Ranking. Mit Ausnahme der Top-Affiliates der jeweiligen brands. Ich denke eine Lobby-Gruppe vieler Affiliates würde hier durchaus Sinn machen. Vor allem, wenn in der Lobby Gruppe vorab mit den Netzwerken verhandelt würde, bevor eine signifikante Umstellung passiert. Doch ist das im Interesse der Netzwerke?“
Und Andreas Hörr schreibt in seinem Blog insight-m.de: „Mir geht es darum, den Merchants und Agenturen klarzumachen, dass wir uns im Affiliate-Marketing nicht komplett in einem rechtsfreien Raum bewegen, sondern es gesetzliche Regelungen gibt, die auch einzuhalten werden sollten. Und dazu gehört meines Erachtens nach eine Kommunikation von Veränderungen, die die Umsätze der Publisher deutlich beeinflussen – und zum Beispiel auch eine direkte, proaktive Kommunikation von Trackingausfällen. In den letzten 2 Wochen gab es bei 2 “Top 20 Shops” Trackingausfälle – diese wurden auf Nachfrage bei den Agenturen bestätigt, nicht aber proaktiv kommuniziert. Das kann meiner Ansicht nach nicht sein, da dies sogar in den AGBs der Netzwerke geregelt ist.“
Daher stellt sich die Frage, ob den Affiliates bei solchen Problemen evtl. ein Interessensverband weiterhelfen würde, an den sie sich bei solchen Regelverstößen oder Problemen wenden können und der dann als Gemeinschaftsverbund auf den entsprechenden Merchant zugeht, um das Gespräch und optimalerweise eine Lösung zu suchen. Dieser Ansatz wäre v.a. dann hilfreich, wenn es sich um ein allgemeines Problem handelt, von dem mehrere Affiliates betroffen sind, wie z.B. Trackingprobleme, Provisionsausfälle, auffallend hohe Stornoquoten, Nichtbezahlung von Teilstornos usw.
Tibor Bauer von der Agentur Affilex ist der Meinung: „Ja, so ein Interessensverband wird dringend gebraucht. Speziell für Affiliate-Marketing. Das kann der BVDW nicht leisten“.
Dementgegen ist Dino Leupold von Löwenthal von der Agentur explido>>iprospect der Meinung: „Die Affiliates müssen sich nur im BVDW stark machen. Aber da es den meisten leider nicht um Affiliate Marketing im Allgemeinen, sondern meist um die eigenen Interessen geht, wird das so oder so nicht viel bringen. Ich sitze jedes Mal im BVDW für Affiliate und kämpfe dafür, dass wir die Publisher brauchen. Aber es kommen kaum welche. Einen eigenen Verband find ich absolut unnötig.“
Auch der Performance-Vermarkter Karl Ott von ReachAd ist der Meinung „Mit dem BVDW und dem DDV bestehen zwei Vereine die die komplette Lobby des Digitalen Marketings abdecken. Wer mit gestalten will sollte dies aktiv machen und dazu gehört nun mal eine Mitgliedschaft, egal in welchen Verband. Wenn jemand meint er wird nicht ordentlich durch die Lobby vertreten, der hat die Möglichkeiten mitzugestalten. Wer es bis jetzt nicht wahrnimmt sollte sich mal überlegen wie es mit einem zusätzlichen Verband funktionieren soll. Bislang habe ich kein Thema gesehen das zwingend in einem neuen Verband organisiert gehört.“
Daher stellt sich die Frage, ob der Fachkreis „Affiliate-Netzwerke“ im BVDW so eine Lösung sein könnte, um dadurch Affiliates bei Problemen zu unterstützen. Speziell zum Thema „Sicherheit für Affiliates“ wurde im Oktober 2012 eine Ergänzung des Code-of-Conducts erstellt, der sich speziell an Advertiser richtet. Die Unterzeichner dieser Vereinbarung verpflichten sich darin, im Betrieb von Partnerprogrammen bestimmte Standards einzuhalten, z.B. einen Benachrichtigungsvorlauf bei Änderungen am Tracking oder Veränderungen der Deduplizierungs-Logik. Laut unserer Erkenntnis hat diese Selbstverpflichtung seit 2012 allerdings bisher erst 1 Advertiser unterschrieben.
Zudem ist eine BVDW-Mitgliedschaft sicherlich gerade auch für kleinere Affiliates zu teuer. So liegt beispielsweise der Mindestbeitrag für BVDW-Mitglieder bei 630,- Euro/Jahr.
Via Facebook haben wir daher einmal die Frage gestellt, inwieweit ein Interessensverband für Affiliates relevant wäre. Nach aktuellem Stand haben 68% der Affiliates generell Interesse an so einer Lobby teilzunehmen (davon 18% bei einer kostenlosen Mitgliedschaft und 50% auch bei einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft).
Uns interessiert daher Eure Meinung, wie Ihr das Thema seht. Benötigen wir in Deutschland eine Interessensvertretung speziell für Affiliates, oder reicht hierzu der bestehende Fachkreis im BVDW aus? Diskutiert mit über die Kommentare.
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