Die ePrivacy-Verordnung ist noch nicht verabschiedet und schwebt immer noch wie ein Damoklesschwert über der Affiliate-Branche. Allerdings prescht die Bundesregierung bereits voraus und möchte bereits in diesem Jahr mit dem neuen Telekommunikations-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) für Rechtssicherheit sorgen.
Bereits auf der Affiliate Conferende DIGITAL wurde ausführlich über die Auswirkungen des TTDSG diskutiert und die Folgen wären für viele Affiliates, Netzwerke und Advertiser mit großen technischen und rechtlichen Änderungen verbunden.
Eine ausführliche Zusammenfassung über die Hintergründe des TTDSG findet Ihr im Blog von easy-Marketing. André Koegler (Vorstand der Fachgruppe Affiliate-Marketing im BVDW) und Consultant bei easy-Marketing ist dabei federführend für die Aufklärungsarbeit verantwortlich.
Erste Anhörung im Bundestag
Am Mittwoch, den 21. April fand nun die erste öffentliche Anhörung zum Entwurf des neuen TTDSG statt. Hierzu wurden verschiedene Sachverständige im Ausschuss für Wirtschaft und Energie im Deutschen Bundestag über deren Einschätzung und Empfehlungen zum Gesetzesentwurf befragt.
Die komplette Anhörung könnt Ihr Euch hier als Video anschauen:
Quelle Video: bundestag.de
Unterschiedliche Ansichten zum Entwurf des TTDSG
Natürlich gibt es wie bei den meisten Gesetzesänderungen unterschiedliche Ansichten zu den Änderungen. So sieht z.b. Prof. Dr. Rolf Schwartmann von der Technischen Hochschule Köln erhebliche Vorteile im neuen TTDSG, dass der Datenschutz jetzt in einem Stammgesetzt geregelt werden solle. Er fügte allerdings hinzu, dass die Nutzererkennung mit Blick auf die Anwendungspraxis durch Regelbeispiele konkretisiert werden müssen. Nur dadurch könne auch wirklich eine Rechtssicherheit geschaffen werden. Essenziell sei aus seiner Sicht, dass ein Rechtsrahmen für Dienste zur Einwilligungsverwaltung (PIMS – Private Information Management Services/Systems) geschaffen wird. Dies griffen auch andere Sachverständige auf.
Kristin Benedigt vom Institut für Europäisches Medienrecht machte klar, dass durch die derzeit unterschiedlichen Cookie-Banner die Nutzer unzählige pauschale Einwilligungen erteilen, ohne zu wissen, worin sie einwilligten und dass viele Cookie-Banner nicht die Anfordungen an eine wirksame Einwilligung erfüllen. Auch Benedigt machte darauf aufmerksam, dass mit dem TTDSG zwingend Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis konkretisiert werden müssen und Dienste zum Einwilligungsmanagement geregelt werden sollten.
Dr. Alexander Golland von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers fordert vom Gesetzgeber v.a. in Bezug auf funktionale Cookies allgemein anerkannte Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis im Gesetzestext.
Dr. Malte Engeler vom Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht dagegen sieht den Einsatz von PIMs, also der Klassifizierung von Cookies, als kritisch und möchte diese nicht in das TTDSG aufnehmen, da diese lt. Engeler nur dem Zweck dienen sollen, die Einwilligungserklärungen der Partner einfacher zu gestalten.
Werden Cookies zukünftig vom Browser geblockt?
Frederick Richter von der Stiftung Datenschutz sieht die kaum zu bewältigende Flut von Einwilligungsanfragen im TTDSG als großen Aufwand und würde diese gerne als Einstellungsmöglichkeit in die Internet-Browser einfügen. Dazu könne festgelegt werden, dass individuell eingestellte Nutzerpräferenzen bezüglich des Setzens von Cookies die andauernden entnervenden Anfragen ersetzen würden. Nutzerseitig ließe sich seiner Darstellung nach dann einstellen, dass sämtliche nicht erforderlichen Werbe- und Tracking-Cookies abgelehnt werden sollen.
Stellungnahme des BVDW
In einer Pressemitteilung vom 22.04.2021 zeigt sich der Bundesverband für digital Wirtschaft (BVDW) zufrieden mit dem Ergebnis der ersten Anhörung.
„Der Großteil der Sachverständigen hat sich für die Kernforderungen des BVDW ausgesprochen, die sowohl den Interessen der Nutzer als auch der Digitalen Wirtschaft gerecht werden. Gleichwohl bleibt festzustellen, dass im Allgemeinen weiterhin erhebliche Defizite im Verständnis der Grundlagen digitaler Geschäftsmodelle bestehen. Hier sehen wir auch bei uns, als Teil der Gesellschaft, Versäumnisse in der Aufklärung“, erläutert BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr.
Das derzeitige Nebeneinander von Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), Telemedien- und Telekommunikationsgesetz (TMG/TKG) führt zu erheblichen Rechtsunsicherheiten, die beseitigt werden müssen. Diesen Zustand gilt es richtigerweise zu beenden.
Wie geht es weiter?
Nachdem nun die erste Anhörung stattgefunden hat, wird es folgend wohl noch weitere Anhörungen und ggfls. Änderungen am Entwurf des neuen TTDSG geben. Das Gesetz wird anschließend dann durch den Bundestag und anschließend durch den Bundesrat verabschiedet und soll voraussichtlich schon im Dezember 2021 gültig sein (ohne Übergangsfrist).
Der überwiegende Teil der befragten Sachverständigen in der Anhörung spricht sich derzeit ebenso wie der BVDW für Konkretisierungen der Ausnahmen von der Einwilligungspflicht, für die Verankerung von Personal-Information-Management-Systeme (PIMS) sowie für einen generellen Vorrang von Nutzereinwilligungen aus.
Viele Vertreter der Affiliate-Branche gehen derzeit davon aus, dass zukünftig vor dem Setzen von Cookies Einwilligungen der User eingeholt werden müssen. Einzelne Affiliate-Netzwerke wie z.B. Awin fordern dieses Vorgehen bereits schon seit dem letzten Jahr und beziehen sich dabei bereits auf die ePrivacy-Richtlinie der EU.
Dennoch werden derzeit immer noch bei vielen Affiliates und Advertisern viele Cookies bereits vor der Consent-Einholung gesetzt, was zukünftig nicht mehr möglich sein wird. D.h. hier werden alle Affiliate-Vertreter weiterhin an technischen Lösungen arbeiten müssen und auch die Affiliates werden zukünftig alle eine Consent-Einwilligung einholen müssen.
Lt. der Affiliate-Trend-Umfrage 2021 setzer derzeit erst 52% der Affiliates eine Consent-Managment-Plattform ein.
Bundesbeauftragter für Datenschutz soll mehr Befugnisse erhalten
Kritisch für einzelne Branchenbeteiligten könnte sicherlich werden, dass der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) zukünftig mehr Befugnisse erhalten soll, um die Datenschutzbestimmungen besser zu überwachen und Bußgelder zu verhängen. Das bedeutet, dass sowohl Affiliates, als auch Advertiser zukünftig mit Bußgeldern rechnen dürfen, wenn sie die Vorgaben des neuen TTDSG nicht korrekt umsetzen.
Podcast zum Thema Tracking im Affiliate-Marketing
Foto von Ingo Joseph von Pexels