Heute wurde mir die E-Mail zugespielt, welche von der Agentur hurra.com an sehr viele Vorstände von Affiliate-Advertisern verschickt wurde.
Dabei schreibt hurra.com u.a.
“ Wie Sie vielleicht bereits gehört haben, gibt es derzeit einen erheblichen Missbrauch im Affiliate-Bereich, bei dem sich betrügerische Affiliates ungerechtfertigt Provisionen erschleichen…
Der Schaden entsteht insbesondere dann, wenn sich Affiliates über Netzwerke (wie z.B. Zanox, Tradedoubler) und sogenannte Adware-Programme direkt auf die Webseiten der Werbekunden (Merchants), also auf Ihre Firmen- bzw. Shop-Website, einbuchen und an den generierten Sales/Umsätzen mitpartizipieren…
Insgesamt sind fast alle Kunden, die Affiliate-Marketing betreiben, betroffen – insbesondere natürlich große Brands mit attraktiven Provisionen. Wir haben die Problematik in den letzten Wochen intensiv geprüft und festgestellt, daß auch Ihr Unternehmen betroffen ist.
Wir hoffen, daß wir Ihnen helfen konnten, auf diese Problematik aufmerksam zu werden und zukünftig den Schaden möglichst zu minimieren.“
Auch im Handelsblatt vom 28.08. wurde über die Pressemitteilung von hurra.com berichtet.
Dazu ist zu sagen, dass ich und viele andere Agentur- und Netzwerk-Kollegen Monate damit beschäftigt waren, einen „Code-of-Conduct“ für sauberes Affiliate-Marketing zu erarbeiten und auch umzusetzen.
Speziell zu dem Thema Adware steht dazu im Code-of-Conduct:
Adware: Wir sind uns einig, dass Software-gestützte Trafficgenerierung ein valides Publisher-Modell ist. Wir akzeptieren aber keine Adwares, bei denen der Endnutzer die Installation der Software nicht selbst bestimmen und auch nicht wieder selbst deinstallieren kann. Weiterhin darf die eigentliche Zielseite, auf die ein Endnutzer navigieren möchte, durch die Adware für den Nutzer nicht verändert werden. Wenn ein User eine Website aufruft (u.a. Type-In, Click auf Link), darf dieser Aufruf nur nach der Zustimmung des Users durch eine Adware umgeleitet werden.
Gerne biete ich hurra.com hier die Möglichkeit, zu der Aktion Stellung zu beziehen und darüber zu Diskutieren.
Update: hurra.de hat nun zu dem Beitrag auch Stellung bezogen. Hier die E-Mail:
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Hallo Affiliateboy,
danke für die Möglichkeit, dass wir uns auch als Hurra.com zu den Vorwürfen äußern dürfen:
– Der Grundgedanke des Affiliate-Marketings ist eine tolle Sache, die wir gut finden und gegen die wir in keinster Weise vorgehen wollen. Leider gibt es einige Affiliates, die keinen wirklichen Mehrwert für Ihre Merchants generieren.
– Der eigentliche Kern des Problems, auf das wir hingewiesen hatten, wurde bis dato jedoch nur von wenigen erkannt. Es geht nicht darum, dass Hurra.com auf die Affiliate-Branche losgeht, sondern lediglich darum, dass sich betrügerische Affiliates über AdWare-Programme auf die Brandsites Ihrer Merchants einbuchen, also einen Cookie setzen, wenn sich der User bereits auf der Merchantseite befindet. Was bringt Affiliate-Marketing auf der eigentlichen Kundenseite? (außer eine geschönte Statistik und unnötige Provisionskosten für den Merchant ;-)).
– Etwas verwundert waren wir über die Reaktion von Zanox, nachdem wir einzelne, betroffene Kunden informiert hatten. Eigentlich hatten wir damit gerechnet, einen zusätzlichen Beitrag zum „Code-of-Conduct“ zu liefern – stattdessen kam eine Abmahnung von Zanox über einen Streitwert von 1.000.000,- EUR.
Es liegt uns fern, Zanox oder gar die ganze Affiliate-Branche betrügerischer Handlungen zu bezichtigen und dies kann auch aus unserer E-Mail nicht ernsthaft herausgelesen werden. Tatsache ist aber, dass das von Zanox und anderen Affiliate-Netzwerken zur Verfügung gestellte System von Betrügern benutzt werden kann, um Provisionen zu erschleichen.
Zanox bestreitet das auch gar nicht, sondern meint, es gebe „aktuell“ keinen „erheblichen“ Missbrauch und es gehe nur um einen „unerheblich geringen Anteil“, der sich „im Promillebereich“ bewege. Einzelheiten sind dem Schreiben nicht zu entnehmen. Uns liegen immerhin Berichte vor, dass der Schaden durch erschlichene Provisionen betrügerischer Affiliates bis in den mittleren 5-stelligen Bereich geht, bezahlt natürlich von den Kunden.
Zanox hat uns jedenfalls abgemahnt, um unsere Hinweise auf das Betrugsproblem zu unterbinden. Es wäre interessant gewesen, von Zanox zu erfahren, ob irgendwelche Maßnahmen gegen den Affiliate-Betrug ergriffen werden. Davon ist in dem Schreiben aber nicht die Rede. Im Kern geht es Zanox hier eher um die Vertuschung einer unangenehmen Wahrheit…
Beste Grüße,
Hurra.com
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Nun meine Meinung zu dem Feedback von hurra.com
Zuerst einmal finde ich es schön, dass hurra.com zu dem Thema Stellung bezieht. Trotzdem wäre der bessere Weg gewesen, die betreuenden Agenturen, bzw. Netzwerke über die „Mißbrauchsvorwürfe“ zu informieren, bzw. zu befragen, bevor man damit offensiv an die Öffentlichkeit (Handelsblatt) geht, denn das schadet nur der kompletten Branche und ist für die Aufklärung eher kontraproduktiv.
Auch finde ich es besser, wenn man kollegial mit Agentur-Kollegen spricht, bevor man die Advertiser anderer Agenturen angeht.
Was das Thema Adware angeht, ist dies wie bereits geschrieben, eindeutig im Code-of-Conduct geregelt. Alles Andere sind kriminelle Betrugsversuche einzelner Affiliates, die von den Netzwerken und Agenturen unterbunden werden. Einzelne Betrüger kann es leider immer geben, dies ist allerdings kein Einzelthema was nur das Affiliate-Marketing betrifft. Leider kommt dies im Handelsblatt-Bericht und auch in der E-Mail m.E. anders rüber.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Art und Weisse der Kommunikation von hurra.com unglücklich war und es im Großen und Ganzen der Branche mehr schadet, als es vielleicht angedacht war.