Unsere erfolgreiche Interview-Reihe führen wir heute fort mit einem Interview mit Tobias Allgeyer, Country Manager DACH bei CJ Affiliate by Conversant.
Du bist bereits seit über 16 Jahren in der Online-Branche aktiv. 1999 hast Du im Business Development bei schnaeppchenjagd.de angefangen, der damals einer der größten Affiliate-Partner war. Wie bist Du zum Affiliate-Marketing gekommen und was hat Dich daran gereizt?
Ich bin wie viele zu dieser Zeit eher zufällig zum Thema Onlinemarketing gekommen. Mit Beginn meines Studiums 1998 hatte ich Zugang zum damals vergleichsweise schnellen Internet. Bald haben mich die Möglichkeiten des Internets generell fasziniert. Parallel zum Studium arbeitete ich bereits an einem der ersten Online-Marktplätze mit und so war mein Berufsweg schnell klar.
2004 bist Du dann zu Vitrado und 2006 anschließend zu Conversant (damals ValueClick) gewechselt. Wie war damals der Online-Dienstleistungsbereich aufgestellt und wie hat sich dieser Deiner Meinung nach in den letzten Jahren verändert?
2004 war vieles noch echte “Handarbeit”. Im Mediabereich zum Beispiel war von der Angebotserstellung über die Auswahl des Webseitenbetreibers (Publisher) bis hin zur Auslieferung der Kampagne alles manuell zu erledigen. Ganz zu schweigen vom Reporting und der Abrechnung. Das hat sich mit Themen wie Real-Time Bidding (automatisierter Handel mit Online-Werbung in Echtzeit) oder Big Data grundlegend gewandelt. Technisch ist heute – fast – alles möglich. Deshalb liegen die Herausforderungen nun vielmehr in der Frage, wie Technik und die Datenmasse am klügsten eingesetzt werden können.
Seit 2010 bist Du nun Country Manager DACH bei CJ Affiliate by Conversant, eines der weltweit größten Affiliate-Netzwerke. Wie unterscheidet sich für dich persönlich die Arbeit bei einem Affiliate-Netzwerk im Vergleich zu Deinen früheren Aufgaben bei einem Affiliate?
Als Netzwerk hat man Einblick in verschiedene Märkte, eine hohe Reichweite und eine viel breitere Sicht auf die Branche. Schließlich müssen wir alle Teilnehmer wie Publisher, Advertiser und Agenturen in unsere Überlegungen mit einbeziehen. Das Tolle dabei ist, dass wir so auch Publisher-Trends frühzeitig erkennen können. Darüber hinaus profitieren wir als Global Player bei der Neuentwicklung von Tools und Technik, da diese immer kapitalintensiver werden.
Was sind aus Deiner Erfahrung die größten Unterschiede zwischen dem Affiliate-Markt in Deutschland und dem Hauptmarkt von CJ in den USA?
Noch vor ein paar Jahren hat man immer davon gesprochen, dass der US-Markt „ein paar Jahre” voraus sei. Das hat sich meiner Meinung nach geändert. Während in den USA immer noch sehr viel über Publisher-Modelle wie Cashback oder Couponing abgebildet wird, sind in Europa innovativere und ausgeklügeltere Modelle entwickelt worden. So haben wir speziell in Deutschland durch unsere Erfahrungen im Postview-Tracking, bei dem bereits bei Einblendung des Werbemittels ein Cookie ausgelöst wird, sowie im klassischen Retargeting deutlich mehr Expertise im Affiliate Marketing als die Kollegen in den USA. Hier hat das Thema Postview nie in den Affiliate-Kanälen stattgefunden.
CJ ist ja mittlerweile auch in Ost-Europa sehr aktiv. Wie hat sich hier die Branche in den letzten Jahren entwickelt?
Der osteuropäische Markt hat sich extrem erfolgreich entwickelt. Noch vor drei, vier Jahren musste hier echte Aufbauarbeit geleistet werden. Nicht nur was das Thema Affiliate Marketing angeht, sondern im Online Marketing insgesamt. Gleiches gilt übrigens auch für viele afrikanische und südamerikanische Länder. Hier war die Entwicklung der Smartphones ein echter Gamechanger was die Internetnutzung im Allgemeinen und das Thema eCommerce im Speziellen angeht.
Wie hat sich das Affiliate-Marketing in den letzten Jahren allgemein verändert?
Auf Publisher-Seite hat sicherlich eine Professionalisierung stattgefunden. Viele unserer Publisher sind heute Firmen mit mehreren Mitarbeitern, die oft auch international tätig sind. Die „Glücksritter“ von früher sind eher selten geworden. Was auch damit zu tun hat, dass sich auf Advertiser-Seite viel getan hat. Publisher-Modelle werden hinterfragt und die Sales dahingehend beobachtet, ob der Zuwachs tatsächlich auf die Online-Werbung zurückzuführen ist. Eigene Return on Investment (ROI) Ziele stehen im Vordergrund.
Worauf müssen sich Merchants in den nächsten Jahren einstellen und welche Lösungen könnt ihr mit CJ hierzu bieten?
Die beiden Trends lauten: One-to-One-Marketing und Smart Data. Online-Werbung funktioniert heute am besten, wenn sie den Konsumenten persönlich mit einer individuell auf seine Interessen und Bedürfnisse abgestimmten Botschaft anspricht. Bei Conversant haben wir uns bereits darauf eingestellt: Wir führen alle On- und Offline-Daten eines Werbungtreibenden auf einer zentralen Plattform zusammen, analysieren diese und bilden aus den vorhandenen Informationen anonymisierte User-Profile mit jeweils bis zu 255 Attributen (Eigenschaften). Anschließend identifizieren wir für den Advertiser kanal- und geräteübergreifend passende User im Netz und spielen diesen zur richtigen Zeit auf dem richtigen Endgerät ein dynamisches Werbemittel aus. Der Inhalt setzt sich dabei individuell und automatisiert entsprechend der in den User-Profilen hinterlegten Attributen zusammen.
Was war Deine aufregendste Affiliate-Geschichte, die Du erlebt hast?
Am aufregendsten ist es für mich ehrlich gesagt, zu sehen, wie sich die Branche über die Jahre professionalisiert hat und die einzelnen Performance Marketing-Disziplinen mehr und mehr verschwimmen.
Auf welche häufigen Fehler muss man sich in der Betreuung eines Partnerprogramms einstellen und wie kann man diese vermeiden?
Die NICHT-Betreuung ist immer noch ein großes Thema. Denn: Erfolg kann ein Advertiser im Affiliate Marketing nur dann haben, wenn eine intensive Betreuung der Affiliates gewährleistet ist. So sind zum Beispiel auch die Freischaltung neuer Publisher und eine marktgerechte Provisionierung für ein erfolgreiches Partnerprogramm unabdingbar.
Welche Insights und Tipps kannst Du Affiliate-Managern geben?
Kommunikation ist wichtig! Gerade im Affiliate Marketing. Nur so kann die Zusammenarbeit zwischen Advertisern und Publishern sowie externen Experten reibungslos funktionieren. Darüber hinaus sollten Affiliate-Manager immer die Ziele ihrer Kunden im Blick haben: Welche Leistungskennzahlen sind relevant? Wie werden die einzelnen KPIs im Unternehmen gewichtet? Und: Wie erfolgreich läuft das aktuelle Partnerprogramm? Ein regelmäßiger Abgleich zwischen vorgegebenen Kennzahlen und tatsächlichen Werten gilt als wesentlicher Erfolgsfaktor im Affiliate Marketing.
Welche Trends siehst Du in den nächsten Jahren auf die Affiliate-Branche zukommen und worauf sollte man sich vorbereiten?
Die einzelnen Performance Marketing-Disziplinen wachsen immer mehr zusammen. Dass die Werbungtreibenden ihre Silo-Denke zunehmend stärker hinterfragen, befeuert diese Entwicklung zusätzlich. Omnichannel-Strategien werden also im Online Marketing an Bedeutung gewinnen. Das bestärkt die Affiliate-Branche: Durch die verschiedenen Publisher-Modelle wird die Customer Journey der User hier sowieso schon immer kanalübergreifend betrachtet.
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